Transgenerationale Langzeitfolgen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Südtirol

Von der Gegenwart der Vergangenheit zur wissensbasierten Gewaltprävention

In Zusammenarbeit der Universität Trient, medica mondiale, dem Forum Prävention und dem Frauenmuseum Meran wird eine partizipative Forschung zu transgenerationalen Langzeitfolgen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Südtirol, ausgehend vom Vinschgau, durchgeführt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf sexualisierte Gewalt im Kriegs- bzw. Nachkriegskontext. Die Forschung erstreckt sich über den Zeitraum 2023 bis 2025. Anhand der Ergebnisse dieser Studie sollen Präventionsmaßnahmen gegen die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt entwickelt und umgesetzt werden. Geschlechtsspezifische Gewalt und ihre möglichen Folgen von gesellschaftlichen Stigmata, Chronifizierung, Retraumatisierung durch sequenzielle Traumata wirken auch in die nächsten Generationen hinein. Das Verschweigen und Verdrängen von Gewalterfahrungen der Eltern- und Großelterngeneration hat die Auseinandersetzung mit der Realität von Gewalt in Südtirol lange erschwert und wurde bislang nicht aufgearbeitet.

Die Forschung wird von der Autonomen Provinz Bozen und der Stiftung Südtiroler Sparkasse finanziert.

Forschungsfragen

Das Erkenntnisinteresse gilt den transgenerationalen Effekten von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen:

  1. Wie wirkt sich von der (Groß-)Mutter erlebte geschlechtsspezifische Gewalt auf deren Nachkommen aus?
  2. Welche Bewältigungsmechanismen entwickeln Menschen, deren (Groß-)Mütter geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben?
  3. Welche Prozesse und Faktoren beeinflussen, wie und mit welchen Auswirkungen die Erfahrung von geschlechtsspezifischer Gewalt an nachfolgende Generationen weitergegeben wird?

Methodisches Vorgehen

Für ein umfassendes Verständnis der transgenerationalen Langzeitfolgen von Gewalt gegen Frauen, setzt das Projekt auf Daten- und Methodenvielfalt:

  • Sekundärdatenanalyse zu Entwicklung und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Südtirol seit 1920;
  • Workshops mit den Stakeholdern;
  • Sondierungsinterviews mit Zeitzeug:innen
  • Teilstrukturierte Interviews mit drei Generationen;
  • Qualitative Datenerhebung zu transgenerationalen Effekten von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen durch Interviews mit sachkundigen Dritten, die je nach Bedarf durchgeführt werden (z.B. Sozialarbeiter:innen, Mitarbeiter:innen von Pflegeheimen, Therapeut:innen).

Der Gewaltbegriff

Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und Mädchen wird im Rahmen der Studie als Überbegriff für verschiedene Formen von Gewalt verwendet, die Menschen gelten, weil sie Frauen/Mädchen sind bzw. als solche gelesen werden. Darunter fallen beispielsweise Femizide, sexualisierte Gewalt in intimen (Paar-)Beziehungen und/oder in Kriegs- und Fluchtkontexten, häusliche Gewalt, Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen (z.B. auch kath. Kirche).

Den strukturellen Charakter von Gewalt gegen Frauen und Mädchen reflektierend wird diese als Ausdruck von patriarchalen, heteronormativen, von Ungleichheit geprägten Geschlechter- und Gesellschaftsverhältnissen verstanden. Die Auswirkungen dieser Gewalt werden aus einer ganzheitlichen Perspektive in ihrer Komplexität wahrgenommen, das heißt körperlich, psychisch, gesundheitlich, ökonomisch, gesellschaftlich-sozial.

Wir wollen mit den Ergebnissen dieser Forschung zu Aufklärung, Aufarbeitung und Heilung beitragen.
Für ein besseres Leben, eine mutige Politik und für weitere Schritte hin zur Vision einer gewaltfreien und geschlechtergerechten Zukunft.

Andrea Fleckinger, Sigrid Prader, Monika Hauser, Christa Ladurner

Projektpartner

medica mondiale:                                                                            Monika Hauser

Forum Prävention:                                                                           Christa Ladurner

Frauenmuseum Meran:                                                                 Sissi Prader

Universität Trient:                                                                             Barbara Poggio

Kontakt im Forum Prävention

Ingrid Kapeller E-Mail: kapeller@forum-p.it Tel: +39 0471 324801